Aus dem Leben mit Katzen

Katzen sind eigenwillige Tiere mit ausgeprägtem Charakter. Jeder Katzenfreund weiß das und liebt diese Eigenschaft natürlich auch an seinen Samtpfoten. Ein jeder Hund verhält sich devot und ordnet sich dem Rudelführer Mensch gerne unter, eine Katze hingegen beharrt auf ihrem Willen. Und sie verfolgt ihre Ziele weiter, auch wenn Herrchen oder Frauchen anders entschieden haben… Dabei kann sich eine Katze durchaus lästig bis aufdringlich verhalten, aber sie selber stört das nicht, nicht im Geringsten…

Interessiert beobachtete ich Kater Stocki, wie er nun schon eine Viertelstunde mitten in der Küche saß und die ganze Zeit dabei miaute. Dabei bleckte er auch immer wieder seine gefährlich anmutenden Zähne. Meine Mutter schnaubte. „Dummer Kater! Er will Futter, dabei sind im Stiegenhaus die Futterschüsseln voll gefüllt. Aber das neue Futter aus dem Supermarkt schmeckt dem noblen Herrn Kater nicht.“ Sie deutete ärgerlich auf den Kater, der sie fixierte. „Er will es nicht fressen, er will etwas anderes. Dabei ist alles frisch und die Schüsseln sind sauber.“ Ich musste grinsen als ich mir Stockis Hartnäckigkeit vergegenwärtigte. Wer würde wohl stärker sein, meine Mutter oder der Kater? Wer würde nachgeben?

Als meine Mutter die Küche verließ, folgte ihr der Kater miauend. Ehe sie sich versah, rieb er schon seinen großen Kopf an ihren Beinen, ganz zärtlich, aber irgendwie auch energisch. Meine Mutter seufzte. „Bitte hilf mir! Ich muss Wäsche aufhängen, und da stört er mich nur. Ich werde nicht nachgeben, ganz sicher werfen wir das teure Futter seinetwegen nicht weg! Der Kater kriegt nichts anderes, und wenn er nicht will, soll er sich eine Maus fangen.“ Grundsätzlich gab ich meiner Mutter Recht, so eine Katze arbeitet gerne mit Penetranz, bis man entnervt nachgibt. Ich packte also den Kater und trug ihn zu den Futterschüsseln, aber Stocki stellte die Ohren auf und fauchte leise. Er sprang mir aus den Armen und sein Schweif zuckte hin und her.

Dann lief er zurück in die Küche und setzte sich wieder mittig auf den Boden. Beleidigt blickte er um sich und ich war mir sicher, dass er auf meine Mutter wartete um sie wieder zu überfallen. Hungrig war er ganz sicher, aber er dachte nicht im Traum daran, die neue Kost auszuprobieren. Da schlüpfte Susi durch einen Spalt in der Tür in die Küche. Sie miaute laut, heischte nach Zärtlichkeiten und ließ sich willig streicheln. Mein Vater saß auf seinem Fernsehstuhl und sah fern, aber Susi ließ sich nicht beirren. Sie lief zu ihm und sprang ihm auf den Schoß, schnurrte laut und rollte sich ein. Mein Vater blickte überrascht auf, streichelte die hübsche Katze aber dann und setzte sie gleich wieder auf den Boden. Er und die kleine Katze hatten sich wirklich gern, aber beim Fernsehkrimi hatte Susi Pause: da wollte mein Vater nicht gestört werden.

Die Tigerkatze ließ sich aber nicht aufhalten, mehrmals nahm sie Anlauf und rollte sich wieder zärtlich schnurrend auf dem Schoß meines Vaters ein um eigenwillig zu demonstrieren: Ich will hier liegen! Mein Vater lachte jedes Mal wieder, bat mich aber schließlich, die Katze hinaus zu bringen. „Ich will beim Fernsehen meine Ruhe!“ unterstrich er unmissverständlich. Ich grinste verhalten, nahm Susi auf den Arm und trug nun mehr sie zu den vollen Schüsseln. Die kleine Katze ließ sich nicht bitten und begann hastig zu fressen. Auch wenn Susi mehr Zeit als noch im Sommer im Haus verbrachte, ließ sie sich manchmal wegen ihrer Rendez-vous’ nur selten bei uns blicken. Und Hunger spielte im Liebesleben eine untergeordnete Rolle… Aber wenn sie sich wieder einmal für längere Zeit daheim einfand, konnte sie kaum genug vom Dosenfutter bekommen, wie auch heute. Susi pflegte anscheinend auch keine Vorurteile gegen das neue Futter, es schien ihr im Gegenteil vorzüglich zu schmecken…

Ich beobachtete Susi interessiert, als ich mit einem Mal merkte, dass Stocki neben mir saß und Susi nicht aus den Augen ließ. Als Susi schließlich ihr Mäulchen leckte und zur Tür lief, machte Stocki einen Satz zu den Schüsseln und begann selber seine Mahlzeit. Ich lachte auf: Nichts als Futterneid! Von sich aus hätte Stocki nie zu fressen begonnen, aber bevor er Susi alles überließ, langte er lieber selber zu. Er fraß langsam und augenscheinlich auch nicht mit übergroßem Appetit aber er wollte seine Macht demonstrieren. Und lieber fraß er das restliche Futter selber auf, als etwas für Susi übrig zu lassen. Meine Mutter konnte später gar nicht fassen, dass der Kater nicht nur gefressen sondern auch das Feld geräumt hatte. Wer hätte das schon für möglich gehalten, wenn er nicht die Rivalität zwischen den beiden Katzen gekannt hätte?

(C) Vivienne

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