Einige Jahre konnte ich Ihnen, liebe Leser hier in der Bohne lustige und auch kuriose Geschichten über unseren roten Kater Stocki und seine Mutter Minki erzählen. Nachdem Minki vor mehr als dreieinhalb Jahren für immer von uns gegangen ist, hat nun auch kürzlich erst Stocki seine letzte Reise angetreten… Sein Ende kam etwas unerwartet, da der Kater lange Zeit einen trotz allem robusten Eindruck gemacht hatte. Natürlich hatte er seinem teils schon sehr wilden Leben mit mancher Verletzung Tribut zollen müssen. Auch das Zusammensein mit jüngeren Katzen im Hause meiner Eltern, etwa der kleinen Susi und jetzt dem kleinen großen Kater Petit, hatte ihn zermürbt und auch mitgenommen. Stark war er aber noch immer, als meine Schwester Gitti vor einigen Wochen an den Ohren des Roten eine merkwürdige Veränderung sichtete: „Das könnte eine Milbeninfektion sein. Lasst das den Tierarzt anschauen…“
Der Tierarzt kam und stellte eine unerwartete wie erschütternde Diagnose: Stocki hatte die Räude, bekam fünf Spritzen auf einmal und auch Petit musste vorbeugend geimpft werden. Trotzdem blieb der Tiermediziner kryptisch was die Heilungschancen betraf: seine Worte ließen keinen Zweifel, dass der Kater seinen schwersten Kampf vor sich hatte. Meine Eltern hielten mich auf dem Laufenden, und so erfuhr ich, dass sich trotz der Behandlung Stockis gesundheitlicher Zustand laufend verschlechterte. Es schien geradezu, als hätte die Rosskur durch den Tierarzt die schwere Krankheit erst so richtig ausbrechen lassen. Das Fell des Roten wurde struppig, seine Augen waren ständig geschwollen und er fraß immer weniger.
Einige Tage war der Kater schließlich verschollen. Wir glaubten schon an das Schlimmste, als er nach vier Tagen plötzlich abends Einlass begehrte und sogar wieder ordentlich fraß. Irgendein grausamer Tierfeind dürfte Stocki eingesperrt haben und vielleicht sogar seinen Spaß daran gehabt haben. Aber der Rote war wieder frei gekommen und ein paar Tage schien es, als würde er wieder an Stärke gewinnen. Aber gerade in dieser Zeit holte der Tod das erste Mal aus und nahm den jungen Petit zu sich: der wunderschöne, langbeinige wie schnurrige Kater wurde nächtens überfahren und vom Übeltäter ein Stück von daheim weggeworfen. Mein Bruder Klaus war es, der seinen Körper zufällig entdeckte, und den Schock kaum verdauen konnte.
Inzwischen ging es Stocki immer schlechter, er fraß so gut wie nichts und verließ sein Lager fast überhaupt nicht mehr. Sein körperlicher Verfall tat uns allen weh. Schließlich begann er immer öfter kläglich zu miauen. Er musste furchtbare Schmerzen verspüren und am 3. November, auf den Tag genau 13 und ein halbes Jahr alt, machte der Tierarzt seinem Leiden ein Ende. Meine Eltern hatten ihn angerufen, weil die Schmerzen des Katers immer ärger wurden und eine Besserung nicht mehr abzusehen war. Der Tierarzt kam sofort, legte den abmagerten und einst so stolzen Kater in eine Box, wo der Rote, der sich nicht mehr wehrte, die erlösende Spritze bekam. Sie wirkte sofort, Stocki war von uns gegangen. Mein Bruder rief mich gleich darauf an, er hatte nicht dabei sein wollen, weil er es nicht ertragen hätte, unseren Kater sterben zu sehen.
Bleibt die Erinnerung an einer wunderschöne Zeit mir einem prachtvollen Haustier, mehr als das, einem vierbeinigen Freund. Ein schlimmer Wilderer vielleicht für manchen Jäger, aber für mich ein liebenswerter Hausgenosse, den ich sehr vermissen werde. Auch Petit, sein nicht immer von ihm geliebter Gefährte, wird uns, wir mir fehlen. Er hatte mein Herz im Sturm erobert, aber wenigstens glaube ich, dass er sein kurzes Leben im Haus meiner Eltern genießen durfte…
Damit ist die Rubrik „Stocki – aus dem Leben eines Katers“ beendet. Einen zweiten Stocki wird es nicht geben, niemals, aber durchaus andere Katzen. Früher oder später werde ich wieder von ihnen berichten. Bei meinen Eltern ist jetzt die kleine, grünäugige Murli eingezogen und vielleicht vermag sie es, meine Eltern, uns alle über den schlimmen Verlust hinwegzutrösten… Und bei mir residiert seit August die temperamentvolle Petite – Katzen sind mit etwas vom schönsten, das einem in seinem Leben passieren kann…
(C) Vivienne